Tag 12 bis Foncebadón
- Corina Salerno

- 16. Apr. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Heute morgen bin ich ausgeruht aufgestanden. 7.00 Türe geht auf, Licht wird angezündet und ein buonas dias weckt alles Pilger gleichzeitig! Um 8.00 müssen alle draussen sein.
Es hatte desswegen so viele Menschen in den Duschen und am Lavabo, dass nur eine kleine Katzenwäsche möglich war.
Was nichts anderes heißt als Zähneputzen & Augen auswaschen, fertig ! Ich !?!
Stellt euch das mal vor! Ich ohne waschen oder duschen am morgen !?! Tataaa... War gar kein Problem, war eigentlich nur in meinem Kopf ein Problem! Das lasse ich nun alles hinter mir. 😉 Für die Zukunft bin ich nicht mehr so kompliziert!
Ich habe mich für heute mental vorbereitet, da ich wusste, die Strecke heute wird etwas strenger als sonst. Die ganzen 27 km sind in leichter bis starker Steigung angelegt. Ich weiss wie sehr das an den Kräften zehren kann.
Zuerst gehen wir still und zügig durch den Morgen. Noch ist es kühl ! Nach einem guten Frühstück beim Bäcker, sind wir voll Energie, Ultreia! Irgendwann unterwegs frage ich Vittorio; "was geht in Deinem Kopf vor?"
Daraus entstanden dann intensivste, spannende, emotionale Diskussionen.
Wir kamen beide ins schwitzen.
Gut war's! Leben und Leben lassen🤗
So haben wir kaum mitbekommen dass die ersten 20 km bereits hinter uns liegen. Als wir auf die Uhr schauen sind wir wirklich erstaunt. Sofort Coca-Cola Stop! Salzige Chips für meinen Salz-Wasserhaushalt.
Das Heidekraut blüht mittlerweile wunderschön und der Weg ist gesäumt mit Thymian und gelben Blümchen welche ich noch nicht identifiziert habe. Die Strecke ist so schön. Irgendwann in der Diskussion sind wir bei dem Thema Religion oder besser gesagt, Kultur und Religion angelangt. Genau in diesem Moment betreten wir einen kleinen Waldabschnitt und an einer Metallhecke sind hunderte von Kreuze aufgehängt. Die Kreuze haben Pilgerer mit kleinen Ästen geformt und dort befestigt. Ein spezieller Moment für mich.
Die letzten Kilometer sind traumhaft. Es gibt keine anderen Worte dafür. Wir sind abseits der Straße in der Höhe auf gut 1000 Meter und hier ist die Aussicht toll. Der Weg ist schmal und sehr steinig die Vögel pfeifen, es ist idyllisch. Hier spüre ich das erste Mal diese gewaltige Energie die auf mich einströmt. Ich habe das Gefühl, mir folge jemand. Immer wieder schaue ich hinter mich. Ich lasse Vittorio und unsere finischen Freunde Raimond und Marije ziehen und nehme mir einen Moment. Ich bleibe stehen, schließe die Augen und fühle. Hier ist er, der Spirit dieses alten, historischen Weges, welchen Abertausende vor mir, schon gegangen sind. Ich bin urplötzlich unter ihnen. Mitten in dieser Traube von Pilgern. Ich geniesse diesen einzigartigen Moment. Er gibt mir Kraft ! Dankeschön!
Das Schiefergestein ist rutschig und ich muss mich konzentrieren um die Füsse sicher zu positionieren. Die Bäume haben alle Flechten an ihren Rinden, was ihnen einen eigenen Farbton verleit. So scheint alles beige- gelb und abgestorben. Ich bin nicht sicher ob in diesen Bäumen noch Leben ist. Sie haben etwas unheimliches an sich. Unter den Bäumen abertausende Ginster-Pflanzen in gelb und die Erika's in Viola, schön. Farben prägen den heutigen Tag.
Die letzten Meter sind anstrengend doch ich habe eine so gewaltige Kraft in mir, dass es mich einfach vorwärts treibt. Angekommen im Dorf finden wir eine Herberge die noch Platz hat und freuen uns auf eine Dusche, ein Fußbad, eine kalte Cola und später dann, auf etwas zu Essen. Ich genieße immer wieder den Moment wo ich Leute der Wanderfamilie wiedersehe. Heute treffen wie Anna-Lisa hier. Immer stärker verbindet uns das gemeinsame Wandern dem Ziel entgegen!
Ich liebe dieses Leben !
Ich liebe die Offenheit einander gegenüber, dieses fröhliche erzählen aus dem Leben und diese emotionalen Momente, wo ich auch ohne Worte, verstehe.
Da gab es bereits am Morgen in der Bäkerei den ersten solchen Moment für mich. Die zwei Schwestern aus Brasilien/Holland müssen bereits nach einem Wandertag abbrechen. Sie haben beide Schmerzen und können so im Moment nicht weiter laufen. Ich spüre wie sehr sie das traurig stimmt. Sie nehmen den Bus für die nächsten 2 Tage und hüpfen so weiter, um dann wieder zu Fuss einsteigen zu können. Ich habe meine Gefühle mitgeteilt. "Es ist doch egal wie ihr weiter kommt, wichtig ist doch ihr seit zusammen hier auf dem Camino und erlebt diesen Moment. Ihr werdet trotzdem in den Herbergen spüren, dass ihr zur Wanderfamilie gehört und das ist das Wichtigste."
Weiter gehen, eine Möglichkeit suchen wie es weiter geht und nicht stehen bleiben. Das ist das was wir aus der Situation lernen können.
Was nehme ich für mich nun aus diesem Gespräch mit: egal was im Leben kommt, es gibt Dinge die können wir noch so gut vorbereiten, es kann immer etwas dazwischen kommen. Wichtig ist immer zu erkennen, dass wir jederzeit entscheiden können wie wir damit umgehen wollen. Wir alle haben Ressourcen die wir nutzen können, wir müssen sie einfach sehen. Und haben wir dann eine schwierige Situation gemeistert, beginnt unsere Resilienz zu wachsen.
Alles im Leben hat seinen Sinn, ihn zu erkennen ist die Schwierigkeit.














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